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Weihnachten wird anders

Unsere Gemeinde setzt die Präsenz-Gottesdienste während der Zeit Lockdowns aus. Stattdessen organisieren wir Gottesdienste im Netz, gestalten einen Weihnachtsweg und richten ein „Seelsorgetelefon“ ein.

Auf der Suche nach neuen Wegen für die Feierlichkeiten zum Weihnachtsfest ist in der evangelischen Philippus-Gemeinde aus Bretzenheim Flexibilität gefragt. „Unser ursprüngliches und bereits veröffentlichen Konzept des Gottesdienstmarathons ist durch die neue Landesverordnung nicht mehr möglich“, sagt der Pfarrer Sascha Heiligenthal.
Das, der harte Lockdown und die immer noch steigende Infektions- und Todeszahlen habe die Gemeinde zum innehalten und nachdenken gebracht. „Wir können es derzeit nicht verantworten, vor Ort, in der Kirche Gottesdienste zu feiern, Weihnachten wird anders“, fasst Pfarrerin Maria Heiligenthal die Lage zusammen. „Und darin steckt eine gute Botschaft. Weihnachten wird, daran kann kein Virus etwas ändern. „Aber eben anders“, ergänzt Sascha Heiligenthal. Und an diesem „Anders“ arbeite die Philippus-Gemeinde derzeit unter Hochdruck. Die Gemeinde, die seit März kontinuierlich Gottesdienste feiert, wird Heiligabend das „Netz mit Angeboten fluten“, schmunzeln die SeelsorgerInnen. Neben einer Christvesper mit den KollegInnen des Lerchenberges, wird eine Christmette, ein experimenteller Jugendgottesdienst, ein Gottesdienst mit Zoomkrippenspiel, ein Kleinkindergottesdienst, ein Kindergottesdienst und ein Literaturgottesdienst online stehen. Und um in Übung zu bleiben würden auch zwei kleine Weihnachtskonzerte zusammengeschnitten, einmal klassisch, einmal Jazz.  Diese digitale Angebot ist beeindruckend, lobt Sascha, aber nicht ausreichend, korrigiert Maria Heiligenthal. Für Menschen, die nicht in der Welt des Internets zu Hause sind, soll es Stationen vor dem Gemeindezentrum geben, an denen jeder – draußen, im Familienverbund und deshalb sicher – Weihnachten bedenken kann. Das Krippenfenster mit einer Take away Andacht und der Weihnachtsbaum stehen bereits seid dem 1. Advent. Die Krippe der Gemeinde werde noch ebenso den Weg nach draußen finden, wie eine Kerzenwand als Ort für Gebete. Dort wird es auch möglich sein eine DVD oder CD der Gottesdienste mitzunehmen. Im Gemeindebrief ist zudem der Ablauf eines Gottesdienstes für den Gebrauch zu Hause abgedruckt. Mit der Predigt und allem, von deren gehört. Ein Kirchenmitglied habe dankend eine Rückmeldung gegeben, freut sich Heiligenthal. „Er habe es mit seiner Mutter vorgefeiert, und fragte, ob das in Ordnung wäre.“
Dass sich die Religion auffächert, empfindet er als ein starkes Signal, das den ur-evangelischen Gedanken aufgreift. „Die Kirche ist nicht allein dazu da, um Gottesdienste in der Kirche anzubieten, sondern um die Menschen zu ermutigen, die Religion zu Hause zu pflegen.“ Die Renaissance der Art, wie die Urkirche den Glauben praktizierte, sei zwar durch Corona bedingt, bleibe aber nichtsdestotrotz sehr segensreich.
Dabei ist den Seelsorgerinnen bewusst, dass die Gottesdienstabsage, die Situation für einsame Menschen verschärft. Deshalb richten wir ein „Sorgen-und-einfach-mal-Quatschen Telefon ein“, unter einer Handynummer, die auf der Homepage und unter der 06131.338332 angesagt wird, ist drei Tage 12 Stunden ein Pfarrer, eine Pfarrerin oder jemand aus dem Kirchenvorstand für einsame Gemeindeglieder da. (Sobald die telefonkarte gekauft ist, steht die Nummer auch hier).

„Weihnachten muss nicht so sein, wie jedes Jahr“, ermutigt Maria Heiligenthal. „Wie oft verursacht solcher Anspruch Unzufriedenheit.“ Weihnachten 2020 sei die Gelegenheit, sich von vielen frei zu machen und kreativ zu werden, um für sich selber ein Fest zu gestalten, das einen wirklich erfüllt. „Warum sollen wir es nicht wagen, zu entscheiden, dass Weihnachten einfach mal neu und anders für uns sein wird?“