Vor uns auf dem Bild sehen wir das Traumpaar des Lebens, sozusagen. Links Charlie Brown, der Grüblerische, manchmal Schwermütige, viel Fragende und Suchende. Rechts Lucy, die Energische, Zupackende, nie um eine Antwort Verlegene. In vier kleinen Bildern hat hier der Zeichner Charles M. Schultz (1922-2000) dargelegt, was die beiden Figuren auszeichnet und worin der Grund ihres Lebens liegt: Charlie grübelt und fragt; Lucy weiß Bescheid. Sie weiß mit Humor Bescheid. Charlie wird damit nicht geholfen sein – aber Lucy konnte sich kurz und bündig erklären.
Die „Peanuts“, die man oft nur als lustige Comicfamilie sieht, sind in Wahrheit Weltliteratur. So ziemlich jede Lebens- und Glaubensfrage hat der Zeichner gestellt und mit Hilfe seiner Figuren zu beantworten versucht. Den Peanuts ist nichts Menschliches fremd; weder der Zank noch die Versöhnung – und Gott schon gar nicht.
Und das ist eben eine Frage von Menschen, die mit Gott leben wollen: Ist Gott wohl zufrieden mit mir?

Die erste von zwei Antworten ist: Ich muss mich darum nicht sorgen. Er ist schon zufrieden mit mir, mit uns. An Weihnachten betritt Gott die Erde – auf sehr menschliche Weise – und zeigt damit sein Gefallen an Menschen; seine Zufriedenheit mit denen, die auf der Erde leben: Maria und Josef, den Hirten, den Königen. Es muss keine Zufriedenheit hergestellt werden. Sie ist schon da.
So weit die erste Antwort. Es gibt aber auch noch eine zweite, die bei Lucy noch nicht einmal im Hinterkopf zu sein scheint. Dass Gott zufrieden ist mit mir, heißt nicht, dass ich tun und lassen kann, was ich will. Als Gott die Welt betritt, lässt er uns ja auch wissen: Lebt nun bitte nach meinen Regeln. Die Regeln der Welt sollen nicht mehr gelten; jetzt gelten die Regeln der Liebe.

Keiner hat das so schön in einen Satz gefasst wie der Apostel Paulus in der Jahreslosung für 2024. Am Ende seines ersten Briefes an die kleine, christliche Gemeinde in der Weltstadt Korinth schreibt Paulus (1. Kor. 16,14, Einheitsübersetzung): „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Ein Satz wie ein Programm – für mehr als ein Jahr.
Manchmal war Paulus müde der Streitigkeiten in seinen Gemeinde. Sie hatten alle ihre Gründe und auch ihren Sinn. Aber dennoch machten sie müde. Da liegt es nahe, einmal wuchtig und klar zu sagen: Setzt euch ruhig über alles auseinander, ernsthaft, leidenschaftlich – aber alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Daran kann man heute zweifeln, wenn Menschen streiten. Da geht es oft nicht mehr um Richtig oder Falsch, sondern oft nur noch um recht haben und recht behalten. Dieses Rechthabenwollen ist aber Gift für jede Auseinandersetzung. Wenn ich in ein Gespräch oder in einen Streit gehe mit dem Gedanken, recht zu haben, ist das Gespräch sinnlos. Das gilt für Familien, für Vereine und für die Politik. Wer nur recht haben oder bekommen will, braucht kein Gespräch mehr – und so sind ja die Gespräche dann oft. Sie werden laut und führen zu wenig oder nichts.
Mag sein, dass Paulus das so erlebt hat. In den Gemeinde gab es viele Auseinandersetzungen. Und weil Paulus darüber etwas vergrämt ist, setzt er ein Zeichen und sagt: Wenn ihr schon streitet, dann bitte in Liebe.

Ob Lucy das versteht? Oder geht es ihr nur darum, das letzte Wort zu behalten? Das wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass ihre Antwort auf dem Bild etwas zu wenig ist auf die Frage, ob Gott zufrieden ist mit mir: WAS BLEIBT IHM ANDERES ÜBRIG?! Ich vermute, dass Gott nicht ganz so geduldig ist, wie Lucy sich das wünscht. Und er auch im neuen Jahr immer wieder mal kleine Zeichen setzen wird, dass es nicht um Rechthaben, sondern um Liebe gehen soll. Ein Zeichen könnte die Trauer nach einem missrateen Gespräch sein. Und dann die Erinnerung: Lass es uns noch einmal versuchen – mit Liebe und Achtung voreinander.
Liebe ist kein Allheilmittel. Das wissen wir. Aber ebenso sollten wir wissen, dass unser Leben nur zufrieden wird, wenn es in Achtung und Liebe gelebt wird – vor allem in den Streitigkeiten, die kommen werden. Wenn wir spüren, nicht weiterzukommen, wird es am besten sein, tief Luft zu holen; ruhig auch ein paar Tage lang. Und sich dabei selber zu fragen: Denke und handle ich noch im großen Raum der Liebe und der Achtung?
Dann wird wieder, denke ich, ein Zeichen Gottes kommen, das mir zeigt, welchen Weg ich gehen könnte. Wer ernsthaft nach Liebe fragt, bekommt von Gott Antwort.